Tucane als Parkwächter

Bernd Lisek

18.01.2004


Es war in diesem Jahr mein erster Sonntagmorgen auf EL ZORRITO. Kurz vor Sonnenaufgang begannen die beiden grünen Tucane,die seit Jahren in dieser Gegend lebten, ein Höllenspektakel. Sie saßen am Durchgang durch den Sumpfwald, was für sich genommen schon äußerst ungewöhnlich war, und schrien aus vollem Halse. Etwas Ernstes musste geschehen sein. Ich schlüpfte in meine Stiefel und lief geschwind zum Sumpfwaldweg. Als hätten die Vögel auf mich gewartet, flatterten sie ein kleines Stück den Weg entlang, wandten sich zu mir um und ließen nun ihre normalen glucksenden Laute hören. Ich näherte mich ihnen, doch konnte ich noch immer nichts Außergewöhnliches entdecken. Die Tucane flogen zehn Meter weiter und warteten wieder auf mich. Ganz offensichtlich wollten sie, dass ich ihnen folgte. Sie führten mich durch die Erlenpflanzung, dann nach Osten, fast bis zum Abstieg zur Schlucht, immer auf dem markierten Wanderweg. Am Zaun, dort, wo das Schild Vögel fangen verboten hängt, bogen sie nach links ab. Jetzt waren sie ganz still, aber sie entfernten sich nur noch wenige Meter von mir.

Zuerst entdeckte ich den zwischen den Büschen hockenden Mann, dann seinen Käfig mit dem Lockvogel. Wie üblich, erläuterte ich kurz unser Vogelfangverbot und verwies ihn schließlich von unserem Grundstück. Meine wachsamen Tucane plusterten sich stolz auf. Aber das bildete ich mir sicher nur ein.

Das Erstaunliche an dem Vorfall war nicht die Tatsache, dass die Tucane mich alarmierten. (Schon mehrfach hatte ich beobachtet, wie Vögel in bedrohlichen Situationen die Aufmerksamkeit eines aus ihrer Sicht stärkeren Tieres zu wecken suchten. Der krasseste Fall: Eine Amsel wandte sich Hilfe suchend an eine Katze.) Das eigentlich Verblüffende war die Route, auf der mich die Vögel zum Vogelfänger führten. Warum versuchten sie es nicht auf geradem Wege quer durch den Wald? Das wäre nicht halb so weit gewesen. Sie müssen uns Menschen in den vergangenen Jahren genau beobachtet haben und darüber hinaus über die Fähigkeit verfügen, menschliches Verhalten und menschliche Bewegungsmöglichkeiten in gewissem Maße vorherzusehen.